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Thomas C. Kohler | Dezember 2023

Brief aus Amerika:

Ein Einblick in die Lage der katholischen Kirche in den Vereinigten Staaten

Wenn ich in Deutschland bin, werde ich von deutschen Kollegen und Freunden oft nach der Lage der katholischen Kirche in Amerika gefragt. Vor diesem Hintergrund bin ich gerne der Einladung gefolgt, in der traditionsreichen „Grünen Reihe“ der Katholischen Sozialwissenschaftlichen Zentralstelle einen Beitrag über die Lage und Stimmung in der katholischen Kirche in den USA zu schreiben.

Es versteht sich von selbst, dass das, was folgt, sehr subjektiv ist. Ich präsentiere meine Sichtweise und Gedanken. Es handelt sich deswegen um keine wissenschaftliche Abhandlung. Es ist so etwas wie ein informeller Brief aus Amerika, gerichtet an meine deutschen Glaubensschwestern und -brüder. Der Austausch darüber, wie die vielfältigen Herausforderungen, vor denen unsere Kirche sowohl in meinem Heimatland als auch in Deutschland steht, anzugehen sind, ist aus meiner Sicht sehr wichtig. Ich verstehe diesen Beitrag deswegen auch als Einladung zu einem vertieften Gespräch.

Trotz der Möglichkeiten, die uns das Internet und die vielfältigen Mittel der digitalen Kommunikation heutzutage bieten, findet erstaunlich wenig Austausch zwischen amerikanischen und deutschen Katholiken statt. Es ist dabei eine gewisse Ironie der Geschichte, dass vor 100 und sogar 150 Jahren die Verbindungen zwischen Katholiken in unseren Ländern enger als heute waren. Das hat zweifellos mit den Einwanderungswellen aus Deutschland zu tun, die um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert ihren Höhepunkt erreichten. Dazu trugen Vereinigungen wie der bereits 1855 gegründete „German Roman Catholic Central Verein of North America“ maßgeblich bei, die die Verbindung ihrer Mitglieder zum Herkunftsland und den Austausch mit der neuen Heimat aktiv förderten. Ein besonderes Interesse des Catholic Central Vereins galt der katholischen Soziallehre und der Entwicklung der Sozialpolitik im deutschen Kaiserreich. Von Ende des 19. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg veranstaltete der Verein regelmäßige Studienreisen nach Deutschland. Die Teilnehmer bekamen unter anderem die Möglichkeit, an den Katholikentagen teilzunehmen und Gespräche mit führenden Vertretern des Sozialkatholizismus sowie Politikern der Zentrumspartei zu führen.

I. Deutsche katholische Einwanderer in den USA

Die katholische Kirche als Weltkirche muss sich stets den jeweiligen Kulturen anpassen. Die Kirche auf den Philippinen zum Beispiel kann nicht dieselbe sein wie die in Polen. Selbst innerhalb der USA spürt man beträchtliche Unterschiede. Es gibt Kirchengemeinden, in denen Einwanderer aus Mittelamerika dominieren, und Gemeinden, wie beispielsweise in Boston, die noch von alten irischen oder italienischen Traditionen geprägt sind. Ein derart selbstverständliches Nebeneinander von verschiedenen Traditionen hat es in den USA allerdings nicht immer gegeben.

Die historischen Wurzeln der USA liegen bekanntlich in der Auswanderung europäischer Protestanten in die „Neue Welt“. Die ersten Siedler hatten sich in Nordamerika gerade deswegen niedergelassen, um ihren Glauben frei und offen praktizieren zu können, was ihnen im anglikanischen England und in katholischen Ländern so nicht möglich gewesen war.

Als dann im 19. Jahrhundert auch Millionen katholischer Einwanderer in die USA kamen, etwa aus Irland und Italien, schlug ihnen Misstrauen entgegen. Diese Distanz wurde noch dadurch verschärft, dass viele der katholischen Neuankömmlinge ihre Herkunftskultur und -sprache auch in der neuen Heimat bewahren und forttragen wollten. In der protestantischen Mehrheitsgesellschaft machte sich vielerorts eine unverhohlene Ablehnung der katholischen Neubürger breit. Sie wurden als Fremdkörper in der Gesellschaft und als Bedrohung für die amerikanische Identität denunziert. Um dem entgegenzusteuern, wendeten sich die US-Bischöfe gegen eine landsmannschaftliche Zersplitterung beziehungsweise bemühten sich aktiv um eine Assimilation der Einwanderergemeinden. Ein Höhepunkt dieses Konflikts war die Cahensly-Kontroverse.

Simon Peter Paul Cahensly (1838-1923) war ein deutscher Kaufmann, der einen Großhandel mit Kolonialwaren betrieb. Durch dieses Geschäft bekam er auch Einblick in das Schicksal deutscher Auswanderer, die oftmals mit naiven Vorstellungen nach Amerika aufbrachen. Als gläubiger Katholik engagierte er sich in der katholisch-sozialen Bewegung. Der Sorge um die Anliegen der Auswanderer galt dabei sein besonderes Augenmerk. Auf sein Betreiben hin gründete sich auf dem Mainzer Katholikentag 1871 der St.-Raphaels-Verein zum Schutz katholischer deutscher Auswanderer. Der Verein bot Beratung, organisatorische Hilfe sowie religiöse Begleitung für katholische Auswanderungswillige und Auswanderer. Als Generalsekretär des Vereins bereiste Cahensly 1883 die Vereinigten Staaten. Es entstanden österreichische, belgische und italienische Sektionen des Vereins, die ebenfalls ihren in den USA niedergelassenen Landsleuten zur Seite stehen wollten.

Bei einem Treffen verschiedener europäischer Zweige des Vereins im Jahre 1890 in Luzern wurde eine maßgeblich von Cahensly formulierte Resolution, das „Cahensly-Memorial“, verabschiedet, die auf eine Stärkung der tradierten Identitäten der in den USA lebenden Katholiken zielte. Danach sollten die einzelnen Nationaltäten eigene Pfarreien und Schulen errichten können, in denen die jeweilige Landessprache gesprochen würde. Die Seelsorge sollte durch Priester aus den Herkunftsländern versehen werden, und auch im amerikanischen Episkopat sollten die verschiedenen Nationalitäten repräsentiert sein. Die Forderungen des Memorandums richtete die Konferenz in Form einer Petition an Papst Leo XIII.

Durch diese Initiative sahen die amerikanischen Bischöfe ihre Autorität sowie ihre Bemühungen um eine Inklusion der Kirche in die Mehrheitsgesellschaft gefährdet. Es kam zu einer öffentlichen und publizistischen Auseinandersetzung, begleitet von polemischen Angriffen gegen Cahensly und den „Cahenslyism“. Im Namen seiner Mitbrüder intervenierte James Kardinal Gibbons, Erzbischof von Baltimore, in Rom und sorgte dafür, dass die Petition in der Versenkung verschwand.

Viele der katholischen Einwanderer empfanden diese Ablehnung des „Cahensly Memorial“ durch Kardinal Gibbons und seine Mitbrüder, die überwiegend irischer Abstammung waren, als Versuch der Zwangsamerikanisierung. Die deutschen Immigranten empfanden sich zu jener Zeit oftmals als benachteiligte Außenseiter – nicht nur in der amerikanischen Gesellschaft und Politik, sondern eben auch in ihrer eigenen Kirche. Die Geschichte hinter der Cahensly-Kontroverse war komplex. Zweifellos spielten auch Vorurteile gegen Deutsche eine Rolle. Vor allem aber spiegelte die Cahensly-Kontroverse die unsichere Lage der Katholiken in Amerika insgesamt wider. In einem Brief an den Papst erklärten die amerikanischen Bischöfen ihren Widerstand gegen das Cahensly Memorial vor allem damit, dass es ihr Anliegen sei, den Amerikanern ein positives Bild von der Kirche zu vermitteln. Denn der größten Einwand, der in den USA gegen die Kirche erhoben werde, sei, dass sie überwiegend aus Ausländern bestehe und deswegen die Identität Amerikas bedrohe.

Die Cahensly-Kontroverse wirkte noch lange nach. Fast zwanzig Jahre später, am 3. April 1917 erschien in der New York Times ein Artikel mit der Überschrift: „Wie Kardinal Gibbons Pan-Germanismus bekämpfte: jüngste Ereignisse zeigen, dass sein Widerstand gegen Fremdsprachen im Gottesdiensten amerikanische Einigkeit gefördert hat“.[1] Der Artikel stellt fest, dass Präsident Benjamin Harrison, „ein kompromissloser Protestant“, Kardinal Gibbons „herzlich beglückwünscht hat“, weil die Ablehnung des Cahensly Memorials durch Papst Leo XIII. eine Gefahr für die amerikanischen Institutionen beseitigt hatte. Interessanterweise schien es, dass die Gefahr nur von den deutschen Katholiken ausging: Es gab kein Wort über den Gebrauch der deutschen Sprache in lutherischen Gottesdiensten. Wir können dankbar sein, dass Latein nicht als Bedrohung der amerikanischen Institutionen angesehen wurde…

II. Die heutige Lage der katholische Kirche in Amerika

Auch wenn die Cahensly-Kontoverse lange zurückliegt und sich vieles gewandelt hat: Katholisch zu sein bedeutet in den USA immer noch bis zu einem gewissen Grad am Rande zu stehen. Wir sind in, aber „wir sind nicht von der Welt.“ (Johannes 17,16). In diesem Spannungsfeld vollzieht sich unser Leben und Handeln. Dazu aber später mehr.

Zunächst sollten wir einige wenige Zahlen vergegenwärtigen, um uns die Stellung der Katholiken in der amerikanischen Gesellschaft vor Augen zu führen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gehörten 17 Prozent der Amerikaner der katholischen Kirche an. Nach jahrzehntelangen Einwanderungswellen aus Mexiko und Mittelamerika lag diese Zahl im Jahre 2014 bei 21 Prozent und hat sich seither nicht verändert.[2]

Katholiken sind nach wie vor die größte religiöse Gruppe unter den erwachsenen US-Bürgern mit lateinamerikanischen Wurzeln, aber ihr Anteil ist in den letzten Jahren rapide zurückgegangen: von 67 Prozent im Jahr 2010 auf nur noch 43 Prozent im Jahre 2022. Gleichzeitig ist in diesem kurzen Zeitraum der Anteil der konfessionell Ungebundenen in dieser Bevölkerungsgruppe von 10 Prozent auf 30 Prozent gestiegen.[3]

Dieser Trend ist Teil einer größeren und beispiellosen Entwicklung, die sich in den USA in den letzten Jahrzehnten vollzogen hat: 1972 bezeichneten sich über 90 Prozent der Amerikaner als Christen, fünfzig Jahre später, 2022, waren es nur noch ca. 64 Prozent.[4] Der entsprechende Trend hat sich beschleunigt: Unter den erwachsenen Amerikanern gab es im Jahr 2021 12 Prozent weniger Christen als im Jahr 2011.[5] Ungefähr 30 Prozent der Amerikaner bezeichnen sich inzwischen als religiös ungebunden. Hält dieser Trend an oder beschleunigt er sich sogar, dann werden die Christen nach Berechnungen des renommierten Pew Research Centers in einigen Jahrzehnten weniger als die Hälfte der US-amerikanischen Bevölkerung ausmachen.[6] 2007 betrug das Verhältnis zwischen Christen und religiös Nichtgebundenen fast 5:1 (76% zu 16%); 2021 lag das Verhältnis bei 2:1.[7] Nach dem Pew Research Center „ist die Wahrscheinlichkeit gesunken, dass jüngere Amerikaner Christen werden oder bleiben“[8]. Allerdings zeigt eine neueste Studie von Gallup Poll auch, dass seit 2017 die Zahl der religiös Ungebundenen zumindest nicht gestiegen ist.[9]

Um etwas konkreter zu werden: Was zeigen die Daten zur regelmäßigen Teilnahme von amerikanischen Katholiken an der Heiligen Messe? Nach Angaben des Public Religion Research Institute besuchten im Jahr 2022 45 Prozent der weißen Katholiken „mindestens ein paar Mal im Jahr einen Gottesdienst“ (im Vergleich: 2019 waren das noch 73% und im Jahr 2013 68%). Die Prozentzahlen für hispanische Katholiken sind ähnlich: 2022 47%; 2019 65%; 2013 72%.[10] In diesem Rückgang zeigen sich auch Folgen der Covid-19-Pandemie.

Eine Erhebung im Auftrag der katholischen Online-Zeitung The Pillar stellt fest, dass in der Zeit vor Corona 41 Prozent der amerikanischen Katholiken jede Woche den Gottesdienst besuchten, danach aber nur noch 36 Prozent. Ebenso berichten 18 Prozent, dass sie vor der Pandemie nie im Gottesdienst waren; in der Nach-Corona-Ära ist dieser Prozentsatz auf fast 30 angestiegen.[11] Daten des Center for Applied Research in the Apostolate (CARA) an der Georgetown University zeigen zudem, dass nur 17 Prozent aller amerikanischen Katholiken jede Woche oder häufiger Gottesdienste besuchen.[12] Bereits 2019 stellte die Online-Zeitung Catholic Philly, die offizielle Zeitung des Erzbistums Philadelphia, fest, dass nur halb so viele Katholiken im Erzbistum regelmäßig an Gottesdiensten teilnehmen wie ca. 28 Jahre zuvor: 1990 betrug die Zahl 416.137, 2019 nur noch 199.101 – ein Rückgang um 52 Prozent. Zwei Faktoren erwiesen sich laut der Zeitung als besonders wichtig, um diesen Trend zu erklären: die durch die Aufdeckung von sexuellem Missbrauch ausgelöste Krise sowie die Schließungen und Zusammenschlüsse Pfarrgemeinden.[13]

Leider ist die Missbrauchskrise immer noch nicht ausgestanden. Die Missbrauchsopfer leiden schwer an den Untaten. Und für die Kirche haben die Enthüllungen über Missbrauch und Vertuschung zu einem gewaltigen Vertrauensverlust geführt. Viele Kirchenaustritte der letzten 20 Jahre stehen nachweislich mit diesem Skandal im Zusammenhang, und es ist sehr unwahrscheinlich, dass viele der Ausgetretenen zur Kirche zurückfinden werden. Und die nachfolgenden Generationen? Manche amerikanischen Bischöfe und Priester wollen den Trend durch eine „Neuevangelisierung“ umkehren. Dabei scheinen einige allerdings immer noch zu übersehen, welch einschneidende Zäsur der Missbrauchsskandal für die Kirche darstellt. Es geht nicht bloß um die Bewältigung einer Krise, sondern um einen glaubwürdigen und nachhaltigen Wandel in der Kirche. Ich denke dabei an die Mahnung Jesu in Lukas 17,1-3: „Er sagte zu seinen Jüngern: Es ist unvermeidlich, dass Verführungen kommen. Aber wehe dem, der sie verschuldet. Es wäre besser für ihn, man würde ihn mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer werfen, als dass er einen von diesen Kleinen zum Bösen verführt. Seht euch vor!“

III. Die Abtreibungsfrage und die Kirche

Man kann über die Lage der katholischen Kirche in den USA nicht sprechen, ohne die Abtreibungsfrage zu thematisieren, genauer gesagt: die Kontroverse über die gesetzliche Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen. Diese Frage durchdringt die amerikanische Politik. Sie spaltet nicht nur das Land, sondern in gewisser Weise auch die Kirche selbst. Wie aber ist es zu erklären, dass Abtreibung in Amerika so heftig diskutiert wird, auch im Vergleich zu Deutschland? Sicherlich gibt es hierfür mehrere Gründe. Einer der wichtigsten scheint mir jedoch zu sein, wie unterschiedlich die beiden obersten Gerichtshöfe unserer Länder – das deutsche Bundesverfassungsgericht und der amerikanische Supreme Court – mit diesem Konfliktthema umgegangen sind.

Mit der Frage des Schwangerschaftsabbruchs und dessen Regelung im § 218 StGB beschäftigte sich das Bundesverfassungsgericht in den Jahren 1975 und 1992. Es hatte dabei zu entscheiden, inwieweit die damals beschlossenen Gesetze zu einer Ausweitung der Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs mit der verfassungsrechtlichen Verpflichtung des Staates, werdendes Leben zu schützen, vereinbar waren. Dies bedeutete letztlich eine Gratwanderung, da die Dinge nicht so einfach lagen, wie es auf den ersten Blick schien. Im Gegensatz zur amerikanischen Verfassung verpflichtet das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland den Staat, „menschliches Leben, auch das ungeborene, zu schützen,“ und „die Schutzpflicht für das ungeborene Leben ist bezogen auf das einzelne Leben, nicht nur auf menschliches Leben allgemein.“[14] Insofern stand nach Auffassung des ehemaligen Bundesverfassungsrichters Ernst-Wolfgang Böckenförde das Gericht 1992 vor der Frage, „wie es mit dem Lebensschutz für den Embryo zu halten sei. Wieweit ist er von der Verfassung her geschützt, auch gegenüber der Mutter?“ Dabei, so Böckenförde, gibt es „kein absolutes Recht auf Leben, denn dieses Recht ist nicht unbeschränkt, wie Art. 2 Abs. 2 GG ausweist, sondern kann in Konfliktlagen eingeschränkt werden.“[15] Sicherlich existiert in diesem Fall eine solche Konfliktlage. Bekanntlich entschied das Bundesverfassungsgericht, dass Schwangerschaftsabbruch rechtswidrig bleiben müsse, aber nicht in jedem Fall strafbar. Mit seinem Urteil von 1975 kassierte das Bundesverfassungsgericht ein Gesetz der sozialliberalen Koalition, mit dem der Schwangerschaftsabbruch bis zur zwölften Schwangerschaftswoche legalisiert worden wäre. Und auch in der Entscheidung von 1992 wird bekräftigt: „Schwangerschaftsabbrüche, die ohne Feststellung einer Indikation nach der Beratungsregelung vorgenommen werden, dürften nicht für gerechtfertigt (nicht rechtswidrig) erklärt werden.“[16] Daraus folgt aber nicht, dass sie auch mit Strafe bedroht sein müssen.

Die bekannte Roe versus Wade-Entscheidung des Supreme Court der USA aus dem Jahre 1973 unterscheidet sich grundlegend von den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts. Zum einen enthält die Verfassung der Vereinigten Staaten keine Bestimmungen, die mit Artikel 2 des deutschen Grundgesetzes vergleichbar wären. Zum anderen ging es im Fall Roe vs. Wade um ein altes texanisches Strafgesetz, das Abtreibung generell verbot – mit Ausnahme jener Abbrüche, die zur Rettung des Lebens der Mutter erforderlich sind. Dagegen klagte eine junge Frau, deren Name mit „Jane Roe“ anonymisiert wurde. Da ihre Klage sich aus formalen Gründen gegen den texanischen Bezirksstaatsanwalt Henry Wade richten musste, ging der Fall als Roe vs. Wade in die Geschichte ein.

Die Richter des Obersten Gerichts stellten sich in ihrem Urteilsspruch auf die Seite der jungen Frau und entschieden, dass das texanische Gesetz, wie auch ähnliche Gesetze in anderen Bundesstaaten, verfassungswidrig sei. Aus ihrer Sicht enthielt die amerikanische Verfassung ein Recht auf Privatsphäre, das das Recht einer Frau auf Abtreibung einschließe. Sie begründeten dies mit Bezug auf den 14. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten, der „Due Process Clause“, wonach den Bürgern Rechte und Freiheiten nicht ohne ordentliche Gerichtsverfahren vorenthalten werden dürfen. In ihrer Entscheidung legten die Richter des Supreme Court dar, dass das Recht auf Abtreibung nicht absolut sei und mit dem Interesse des Staates am Schutz des ungeborenen Lebens und der Gesundheit der Mutter abgewogen werden müsse. Diese konkurrierenden Interessen wurden durch einen Trimester-Zeitplan gelöst, den das Gericht selbst gestaltete. Danach waren Schwangerschaftsabbrüche so lange legal, bis der Fötus außerhalb des Mutterleibs lebensfähig wäre. Die Lebensfähigkeit sei demzufolge zwischen der 24. und 28. Woche nach der Empfängnis erreicht. Erst danach konnten die Bundesstaaten Abtreibungen verbieten.

Im Gegensatz zur Klärung der Abtreibungsfrage in Deutschland ging es bei Roe vs. Wade also nicht um die Überprüfung eines sorgsam erarbeiteten Gesetzes, dem Kompromisse wesenseigen sind. Im Jahre 1973 begannen die Parlamente vieler US-Bundesstaaten, die Abtreibungsproblematik neu zu regeln. Die Entscheidung dieser sehr kontrovers diskutierten Thematik wurde ihnen aber durch das Roe vs. Wade-Urteil entzogen und gewissermaßen von oben herab diktiert. Weil der Urteilsspruch jede Kompromisslösung durch die Gesetzgeber ausschloss, wie die 2020 verstorbene liberale Supreme-Court-Richterin Ruth Bader Ginsburg zu Recht bemerkte, wurden das Urteil und auch das Gericht selbst zur Zielscheibe einer nicht enden wollenden Kontroverse.[17]

In diesem Konflikt entwickelte sich die Demokratische Partei zur Partei der Abtreibungsbefürworter und der „Free-Choice-Bewegung“, die Republikaner wurden Heimat der Abtreibungsgegner und der „Pro-Life-Bewegung“. Das war ein Einschnitt in der bisher üblichen Parteienbindung. Denn seit der New Deal Ära in den 1930er Jahren fühlten sich die Katholiken oft mit den Demokraten verbunden. Katholiken fanden sich in den Gewerkschaften und wirkten an der Konzeption und Verabschiedung der New Deal Gesetzgebung mit – so am National Labor Relations Act, einem Herzstück des New Deal.[18] In dieser Zeit war die Demokratische Partei die katholische Partei – aus Sicht vieler Katholiken verkörperten die Demokraten die Prinzipien der katholischen Soziallehre. Für die meisten Katholiken bedeutete katholisch zu sein, ein Demokrat zu sein. Nach Roe vs. Wade änderte sich diese Situation erheblich. Viele Katholiken, die von der Haltung der Demokratischen Partei zur Abtreibungsfrage enttäuscht waren, wechselten zu den Republikanern.

Gleichzeitig wurde die Abtreibungsfrage zunehmend zur Gretchenfrage der amerikanischen Politik. Die Suche nach einem Kompromiss in diesem Konfliktthema würde heutzutage in beiden Parteien als Verrat betrachtet. Der demokratische Senator Bernie Sanders hat einmal gesagt, die Befürwortung von Abtreibung sei ein absolutes „Muss“ für jeden Demokraten, und inzwischen ist es tatsächlich nahezu undenkbar, dass die Demokratische Partei einen „Pro-Life-Vertreter“ als Kandidaten für den Kongress akzeptieren würde. Umgekehrt hätte ein „Free-Choice-Befürworter“ in der Republikanischen Partei kaum eine Chance auf Nominierung.

Viele Amerikaner sind mit dieser Polarisierung allerdings unzufrieden. Laut einer Erhebung des Pew Research Centers sind rund ein Drittel aller Anhänger sowohl der Demokraten als auch der Republikaner mit der Haltung ihrer jeweiligen Partei in der Abtreibungsfrage nicht einverstanden. Der Konflikt geht indessen weiter. Aus der Sicht der Abtreibungsbefürworter stellt das Recht auf Abtreibung eine moralische Frage der Selbstbestimmung von Frauen dar. Für die „Pro-Life-Bewegung“ geht es selbstverständlich um das Lebensrecht des ungeborenen Kindes. Aus dieser Perspektive würde ein politischer Kompromiss Mitwirkung am Bösen sein und ist deswegen völlig ausgeschlossen. Leider gründen die Argumentationen auf zwei kaum miteinander zu vereinbarenden Moralvorstellungen. Angesichts des schwindendenden gesellschaftlichen Einflusses der Kirche ist zu befürchten, dass christliche und katholische Positionen immer weniger Gehör finden werden. Die Folgen einer solchen Entwicklung würden weit über die Abtreibungsfrage hinausgehen.

Das im Sommer 2022 ergangene Urteil des Supreme Court im Fall Dobbs versus Jackson Women’s Health Organization hat die umstrittene Entscheidung zu Roe vs. Wade zwar aufgehoben, aber die Lage damit keineswegs beruhigt. Das neue Urteil hat die Abtreibungsfrage nicht neu entschieden, sondern vielmehr die Entscheidungsmacht den Staaten zurückgegeben. Damit ist der Konflikt wieder auf der politischen Agenda. Ein bloßes Beharren auf den verhärteten ideologischen Positionen wird dadurch schwieriger.

Inzwischen hat sich gezeigt, dass selbst in Staaten mit klarer republikanischer Mehrheit, in denen es eine Volksbefragung zu Schwangerschaftsabbrüchen gab, sich eine Mehrheit der Abstimmenden nicht gänzlich gegen legale Abtreibung ausgesprochen hat. Es ist deshalb denkbar, dass es in Zukunft in einigen Bundesstaaten doch zu ähnlichen Kompromissformeln kommen wird wie in der deutschen Gesetzeslage, also zu einer bedingten Zulassung von Schwangerschaftsabbrüchen in den ersten 12 oder 15 Wochen beziehungsweise in außergewöhnlichen Fällen, wenn etwa die Gesundheit der Mutter gefährdet wäre oder das ungeborene Kind keine Überlebenschance hätte. Aus moraltheologischer und katholischer Sicht wäre eine solche Regelung zwar alles andere als ideal, aber möglicherweise ist mehr in einer pluralen und in vielen Fragen gespaltenen Gesellschaft nicht mehr zu erreichen.

Jedenfalls empfinde ich es als sehr problematisch, dass die Abtreibungsdebatte in den USA nach wie vor als Konflikt widerstreitender Rechte ausgetragen wird. Das „Recht auf Abtreibung“ beziehungsweise das „Recht auf Wahlfreiheit und Selbstbestimmung“ wird gegen das „Recht auf Leben“ ins Feld geführt. Rechte allerdings implizieren stets absolute Ansprüche. Wenn etwas ein Recht ist, entzieht es sich folglich jeder Infragestellung. Der Streit eskaliert, und es ergeben sich kaum Perspektiven zur Problemlösung. Vielleicht wäre es besser, mehr von gegenseitigen Pflichten zu sprechen. Das würde nämlich auch die Pflicht des Gemeinwesens zur Unterstützung von Mutter und Kind im Bedarfsfall implizieren. Leben zu schützen bedeutet sicherlich mehr, als einfach nur Schwangerschaftsabbrüche strafrechtlich zu verbieten. Lebensschutz muss auch bedeuten, wie Papst Johannes Paul II. in seinen Enzykliken betont hat, die volle Entfaltung jedes Lebens zu fördern. Es ist unsere Pflicht das Leben menschlicher zu machen. Dieser Aspekt kommt meines Erachtens derzeit leider viel zu kurz.

Für uns Christen ist das Leben ein Geschenk Gottes. Diese Vorstellung ist zugleich eine Einladung, anders und reicher zu denken. Wenn mein Leben ein Geschenk ist, was bedeutet das für das Leben aller anderen? Wie stehe ich dann zu den anderen? Habe ich nicht Pflichten gegenüber anderen, die ich nicht ignorieren kann? Wir müssen einsehen, dass es der Kirche und der „Pro-Life-Bewegung“ in fünfzig Jahren nicht gelungen ist, die Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung von ihren Ansichten in der Abtreibungsfrage zu überzeugen: Nach Angaben des Pew Research Centers meinen 61 Prozent der Amerikaner, dass Abtreibung „in allen oder meisten Fällen legal sein sollte“.[19] Unter amerikanischen Katholiken sehen die Zahlen nicht viel anders aus. 76 Prozent von ihnen sind der Auffassung, dass Schwangerschaftsabbrüche zumindest in einigen Fällen legal sein sollten; nur 10 Prozent sprechen sich für eine uneingeschränkte Freigabe von Abbrüchen aus, wohingegen ebenfalls lediglich 10 Prozent Abtreibung grundsätzlich verbieten lassen wollen. [20]

Wenn wir eine Mehrheit der Menschen doch noch für unsere katholische Position und den Lebensschutz gewinnen möchten, müssen wir also offensichtlich neue Wege der Kommunikation finden, die weniger konfrontativ und stärker einladend und unterstützend sind.

IV. Kirchensteuer gegen freiwillige Spenden

Vor einigen Jahren nahmen eine deutsche Kollegin und ich an einer Tagung in Chicago teil. Als ich sie dort einem amerikanischen Gast vorstellte, war ich ziemlich überrascht, wie unvermittelt er auf das Thema „Kirchensteuer“ zu sprechen kam. „Ihre Kirchensteuer“, so sagte er, „hat die Kirche in Deutschland untergraben. Die Laien legen die Hände in den Schoß, brauchen nichts für die Kirche zu tun und können sich auf den Staat verlassen. Die Kirchensteuer fördert die Trägheit und Passivität der Laien. Kein Wunder, dass die Kirche in Deutschland im Vergleich zur Kirche in den USA so schwach ist!“

Ich bin kein Experte für die Kirchensteuer und deren Auswirkungen auf die Kirche in Deutschland. Was die aktuellen Probleme der schwindenden Kirchenbindung und des zurückgehenden Gottesdienstbesuchs angeht, liegen die deutsche und die amerikanische Kirche jedenfalls nicht weit auseinander. Vor zwanzig Jahren war das anders, und es gab katholische Publizisten wie George Weigel, die die katholische Kirche in den USA zu einem Ausnahmephänomen erklärten: Die Kirche in Amerika blühe auf, während die Kirche in Europa schrumpfe – ein Beispiel des vermeintlichen amerikanischen Exzeptionalismus. Ich habe immer Zweifel daran gehabt. Sehr wünschte ich, dass Weigel Recht gehabt hätte, aber leider müssen wir das Gegenteil feststellen, was wirklich bedauerlich ist. Vielleicht sollten wir uns daran erinnern, was das alttestamentliche Buch der Sprichwörter (16,18) lehrt: „Hoffahrt kommt vor dem Sturz, / und Hochmut kommt vor dem Fall.“

Richtig ist: In Amerika gab es und gibt es keine Kirchensteuer. Alles erwächst aus freiwilligen Spenden. Und es ist ebenso zweifellos richtig, dass die amerikanischen Laien in ihrer Spendenbereitschaft eine schier unermessliche Großzügigkeit gezeigt haben und immer noch zeigen. Auf diese Weise entstand – gleichsam aus dem Nichts – eine blühende Landschaft katholischer Gemeinden, Bistümer, Kindergärten, Schulen, Universitäten, Krankenhäuser, Anstalten für die Behinderten, Altersheime, Gewerbeschulen, und vieles mehr. Dazu kommen die Opferbereitschaft der zahllosen Ordensfrauen und -männer, die diese Institutionen jahrzehntelang getragen und geprägt haben. Ich selbst habe von all dem direkt profitiert, und ich bin dafür zutiefst dankbar. Leider bin ich Zeitzeuge, wie dieses Gefüge schrumpft und erodiert. Das ist nicht auf die fehlende Kirchensteuer zurückzuführen. Genauso wenig allerdings ist die in Deutschland existierende Kirchensteuer für den dortigen Bedeutungsverlust der Kirche verantwortlich.

Hat das System der Kirchensteuer Vorteile? Möglicherweise: Aus meiner Sicht ermöglicht es vor allem die Unabhängigkeit der Kirche. Finanziert sich die Kirche nur aus Spenden, ist sie in einer Zeit, in der die Kirchenbindung nachlässt und die Klöster wegbrechen, überwiegend auf große Spender angewiesen – und das hat Folgen.[21] Ich empfehle den Verantwortlichen in Deutschland – der Kirche, der Regierung und der Öffentlichkeit – sich in ihren Diskursen über die Zukunft der Kirchensteuer mit den Erfahrungen der amerikanischen Kirche auseinanderzusetzen. Dabei ist es nicht meine Absicht, ein Plädoyer für oder gegen die Kirchensteuer abzugeben, denn dazu bin ich viel zu wenig mit dieser vielschichtigen Materie vertraut. Wichtig ist zudem: Die Etablierung einer Spendenkultur braucht Zeit. Denn sie setzt eine entsprechende Gewohnheit voraus, die sich nur langfristig entwickelt.

V. Schluss

Offenkundig stehen wir als Katholiken diesseits und jenseits des Atlantiks vor vielen Herausforderungen. Ich würde mir wünschen, dass wir sie gemeinsam angehen und uns gegenseitig ermutigen und unterstützen. Dabei dürfen wir uns an dem orientieren, was der bekannte Politikwissenschaftler Eric Voegelin zum Paulus-Zitat „ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, die Treue gehalten“ (2 Timotheus 4,7) bemerkte: Es kommt nicht darauf an, den Lauf zu gewinnen, sondern darauf, nicht aufzugeben, durchzuhalten und den Lauf zu Ende zu führen. Wir sind dabei nicht allein: „Unser Hilfe steht im Namen des Herrn, / der Himmel und Erde gemacht hat“ (Buch der Psalmen 124,8). Herzliche Grüße aus Amerika!

Anmerkungen

[1]       How Cardinal Gibbons Fought Pan Germans; Recent Events Show That His Opposition to Use of Foreign Languages in Church Service Has Fostered American Unity, New York Times June 3, 1917, Section T, Page 59; https://www.nytimes.com/1917/06/03/archives/how-cardinal-gibbons-fought-pan-germans-recent-fvents-show-that-his.html

[2]    Vgl. Gregory A. Smith, About Three-in-Ten U.S. Adults are Now Religiously Unaffiliated, in: Pew Research Center, December 14, 2021, https://www.pewresearch.org/religion/2021/12/14/about-three-in-ten-u-s-adults-are-now-religiously-unaffiliated/ . Eine Studie der Online Zeitschrift, „The Pillar“ nennt hier nunmehr 24%. Auf jeden Fall sind Katholiken die größte religiöse Gruppe der Vereinigten Staaten. Brendan Hodge, Special report: Who we are, and what we believe, in: The Pillar, November 8, 2021, https://www.pillarcatholic.com/p/special-report-who-we-are-and-what

[3]    Vgl. Jens Manuel Krogstad, Joshua Alvarado and Besheer Mohamed, Among U.S. Latinos, Catholicism Continues to Decline but is Still the Largest Faith, in: Pew Research Center,

April 13, 2023, https://www.pewresearch.org/religion/2023/04/13/among-u-s-latinos-catholicism-continues-to-decline-but-is-still-the-largest-faith/

[4]    Vgl. Modeling the Future of Religion in America, Pew Research Center, September 13, 2022, 1. How U.S. religious composition has changed in recent decades, https://www.pewresearch.org/religion/2022/09/13/how-u-s-religious-composition-has-changed-in-recent-decades/

[5]    Vgl. Gregory A. Smith, FN. 2,       https://www.pewresearch.org /religion/2021/12/14/about-three-in-ten-u-s-adults-are-now-religiously-unaffiliated/

[6]    Vgl. Pew Research Center, FN. 3,

https://www.pewresearch.org/religion/2022/09/13/modeling-the-future-of-religion-in-america/

[7]    Vgl. Gregory A. Smith, FN. 2,

https://www.pewresearch.org/religion/2021/12/14/about-three-in-ten-u-s-adults-are-now-religiously-unaffiliated/

[8]    Pew Research Center, FN. 3,

https://www.pewresearch.org/religion/2022/09/13/how-u-s-religious-composition-has-changed-in-recent-decades/

[9]    Vgl. Frank Newport, Slowdown in the Rise of Religious Nones, in: Polling Matters, Gallup, December 9, 2022, https://news.gallup.com/opinion/polling-matters/406544/slowdown-rise-religious-nones.aspx

[10]   Vgl. Michael J. O‘Loughlin, Survey: Mass attendance drops after Covid, but U.S. Catholics are hopeful for their Church, in: America Magazine, May 16, 2023, https://www.americamagazine.org/faith/2023/05/16/catholics-covid-mass-attendance-245307 . Dieser Artikel ist eine Zusammenfassung der sehr ausführlichen Studie, PRRI Staff (Public Religion Research Institute), Religion and Congregations in a Time of Social and Political Upheaval, May 16, 2023,

https://www.prri.org/research/religion-and-congregations-in-a-time-of-social-and-political-upheaval/ . Siehe auch, Lydia Saad, Catholics‘ Church Attendance Resumes Downward Slide, in: Gallup, Politics, April 9, 2018, https://news.gallup.com/poll/232226/church-attendance-among-catholics-resumes-downward-slide.aspx

[11]   Vgl. Brendon Hodge, FN. 2, https://www.pillarcatholic.com/p/special-report-the-covid-mass-effect

[12]   Vgl. Jonah McKeown, Where is Mass attendance the highest? One country is the clear leader, in: Catholic News Agency,

https://www.catholicnewsagency.com/amp/news/253488/where-is-mass-attendance-highest-one-country-is-the-clear-leader . Ein ausführlicherer Bericht mit umfassender Dokumentation findet sich in: Center for Applied Research in the Apostolate (CARA),

https://www1.villanova.edu/content/dam/villanova/VSB/centers/church/21conference/Schools%20and%20Sacraments%20-%20Mark%20Gray.pdf

[13]   Vgl. Matthew Gambino, Half of Catholics attending Mass 28 years ago no longer do, figures show, in: Catholic Philly, September 5, 2019, https://catholicphilly.com/2019/09/news/local-news/half-of-catholics-attending-mass-28-years-ago-no-longer-do-figures-show/ Um einen Vergleich mit dem „Cahensly Zeitraum“ anzustellen: Nach Angaben der „Catholic Philly“ wurden 2019 im Erzbistum Philadelphia 90% der Heiligen Messen in Englisch gefeiert. Trotzdem gab es jeden Sonntag 45 Messen in Spanisch und 41 in anderen Sprachen, vor allem in Vietnamesisch, Koreanisch und Portugiesisch.

[14]   BVerfGE 88, 203.

[15]   Vgl. Dieter Gosewinkel, „Beim Staat geht es nicht allein um Macht, sondern um die staatliche Ordnung als Freiheitordnung“: Biographisches Interview mit Ernst-Wolfgang Böckenförde, in: Ernst-Wolfgang Böckenförde, Wissenschaft, Politik, Verfassungsgericht: Aufsätze von Ernst-Wolfgang Böckenförde, Biographisches Interview von Dieter Gosewinkel, 444 (Frankfurt am Main: Suhrkamp, 3. Auflage 2019).

[16]   BVerfGE 88, 204-205.

[17]   Ginsburg, die selbst eine Befürworterin des Rechts auf legale Schwangerschaftsabbrüche gewesen ist, hat Roe vs. Wade gleichwohl kritisiert, denn die Entscheidung habe „den Schwung gestoppt, der auf der Seite des Wandels war“ und den Gegnern des Abtreibungsrechts „ein Ziel gegeben, auf das sie unerbittlich zielen konnten.“ Siehe: Ruth Bader Ginsburg, Speaking in a Judicial Voice, in: 67 N.Y.U. Law Rev. 1185 (December 1992), http://www.law.nyu.edu/sites/default/files/ECM_PRO_059254.pdf. Meiner Auffassung nach hatte Richterin Ginsburg Recht: Die allgemeine Meinung in der amerikanischen Gesellschaft stand seinerzeit – und steht wohl noch immer – auf der Seite eines eingeschränkten Rechts auf Abtreibung.

[18]   Vgl. Thomas C. Kohler, Christianity and Labor Law, in: Oxford Handbook of Law and Christianity, John Witte, Jr. and Rafael Domingo, eds. (Oxford: Oxford University Press, 2023).

[19]   Vgl. Pew Research Center, Fact Sheet, „Public Opinion on Abortion“, May 17, 2022 https://www.pewresearch.org/religion/fact-sheet/public-opinion-on-abortion/

[20]   Vgl. Gregory A. Smith, Like Americans overall, Catholics vary in their abortion views, with regular Mass attenders most opposed, May 23, 2022, https://www.pewresearch.org/short-reads/2022/05/23/like-americans-overall-catholics-vary-in-their-abortion-views-with-regular-mass-attenders-most-opposed/

[21]   Vgl. z. B, Tom Roberts, Wealthy conservative Catholics are the new US magisterium, in: National Catholic Reporter, April 13, 2021, https://www.ncronline.org/opinion/guest-voices/wealthy-conservative-catholics-are-new-us-magisterium

Der Verfasser

Thomas C. Kohler ist Professor für Rechtswissenschaften und Philosophie am renommierten Boston College, der ältesten Jesuitenhochschule in den Vereinigten Staaten. Er ist ein international anerkannter Experte auf dem Gebiet des amerikanischen und des internationalen Arbeitsrechts. Er war Fulbright-Professor an der Johann Wolfgang Goethe Universität in Frankfurt a.M. und Berater der Päpstlichen Akademie der Sozialwissenschaften.